Am Mittwoch, den 13. März 2024 hielt Ruth Piro-Klein, Expertin auf dem Gebiet der Geschichte von Frauenrechten, Gleichberechtigung und Krankenpflege, auf Einladung des Geschichtsvereins Felsberg einen spannenden und mit rund 35 Personen sehr gut besuchten Vortrag über 300 Jahre Entwicklung eines besonderen Kleidungsstücks, der Unterwäsche.
Vor dem Vortrag verlieh Piro-Klein in ihrer Funktion als 2. Vorsitzende des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde und 1. Vorsitzende des Frankenberger Geschichtsvereins zusammen mit Eckhard Ude, dem 1. Vorsitzenden des Felsberger Geschichtsvereins, die silberne Ehrennadel an Frank Fulda-Lengen und ehrte ihn damit für 25 Jahre engagierte Vereinsmitgliedschaft.
Der Vortrag zeigte mithilfe zahlreicher historischer Bilder, Fotografien, Werbematerialien und mitgebrachter Wäschestücke aus dem Museum im Kloster Frankenberg die Entwicklung der Unterwäsche und natürlich auch der eng damit zusammenhängenden übrigen Bekleidung. Diese hat, wie Piro-Klein gleich zu Anfang auf den Punkt brachte, zwei Funktionen, die sich bisweilen gegenseitig ausschließen: eine Schutzfunktion und eine soziale Funktion. „Am Anfang war das Hemd“, referierte sie frei und allein die Tatsache, dass das grob gewebte Leinenhemd lange Zeit die einzige Unterwäsche von Männern und Frauen gleichermaßen darstellte, erstaunte viele und gab Anlass zu einer Reihe interessierter Zwischenfragen. Piro-Klein nahm diese gerne auf und nutzte die Gelegenheit für den einen oder anderen Exkurs, um anschließend wieder gekonnt zum Vortrag zurückzufinden.
Die an Folter grenzenden Methoden, um Frauen, Mädchen, ja sogar Schwangere der höheren Gesellschaft in Schnürbrust, später Korsett und metallverstärkten Reifrock zu quetschen und die schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen wie Skelettdeformierungen, Muskelschwund und Organverschiebungen lösten beim Publikum mitunter Bestürzung aus. Hier zeigte Piro-Klein eindrucksvoll die Spuren der politischen Unterdrückung von Frauen in Alltag, Mode und Bekleidungskonventionen.
Die Unterwäsche der Männer bestand während der meisten Zeit weiterhin nur aus einem Hemd, bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Europa die Vorläuferinnen heutiger Unterhosen aufkamen. Zuletzt ging Piro-Klein auf die Menstruationswäsche ein. Dabei spannte sie immer wieder gekonnt den Bogen zu gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen der jeweiligen Zeit und vermittelte so an der Evolution einzelner Kleidungsstücke gleichsam die Geschichte der Rechte und Stellung von Frauen zwischen 1700 und heute.
Die AG für Vor- und Frühgeschichte Gesungen und der Gesichtsverein Felsberg bedanken sich herzlich bei Ruth Piro-Klein für diesen gelungenen Saison-Auftakt 2024 in den Räumlichkeiten des Museums Gensungen.
